Johann Lemmert - asozialer Häftling

Mögliche Abkürzungen:

  • Aso/ASO, ASR (abgeleitet von der Aktion „Arbeitsscheu Reich“)
  • AZ, AZG und AZR (für Arbeitszwang, Arbeitszwang Gemeinde und Arbeitszwang Reich)

Obdachlose, Bettler, Kleinkriminelle, Alkoholiker und Menschen ohne feste Arbeit passten nicht in das Bild der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“. Sie wurden als „Asoziale“ in

Konzentrationslager eingewiesen, wo sie – so die offizielle Umschreibung – umerzogen werden sollten. Lesbische Frauen und Sexarbeiterinnen konnten ebenfalls in diese Kategorie fallen. Ab 1938 kam es unter anderem mit der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ immer wieder zu großen Verhaftungswellen von sozialen Außenseiter*innen. Es konnte auch vorkommen, dass sie nach der Entlassung aus einem Gefängnis direkt als Vorbeugehäftlinge in ein KZ gebracht wurden, obwohl sie ihre Strafe verbüßt hatten. Überlebende, die als „Asoziale“ in den KZ inhaftiert waren, sind bis heute nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt.

Name: Johann Lemmert
Geboren: 1912
Beruf: Bergmann in Essen
Gestorben: 13. November 1942 im KZ Neuengamme.

 

Wegen angeblicher „Bummelschichten“ und „Sabotage“ wurde er am 7. August 1940 zum ersten Mal verhaftet. Die Verhaftung erfolgte auf Antrag des regionalen „Reichs-treuhänders der Arbeit“ (RTA); die Reichstreuhänder der Arbeit waren seit Mai 1933 für die Überwachung und Kontrolle der Arbeitsbedingungen – und damit der Beschäftigten – in den Betrieben zuständig.

In dem Schreiben heißt es: „Da die Familie des Beschuldigten infolge der Bummelei von der Wohlfahrt unterstützt werden muß, bitte ich mit scharfen Maßnahmen gegen ihn vorzugehen.“ Kurz nach der Freilassung aus der dreiwöchigen „Schutzhaft“ nahm die Gestapo Johann Lemmert erneut fest, auch in diesem Fall auf Antrag des RTA. Der Bergmann wurde wegen „Arbeits-untreue“ für sechs Wochen in das als „Arbeitserziehungslager“ bezeichnete Gestapo-Straflager Hunswinkel eingeliefert. Im August 1941 erfolgte dann die Einweisung in das KZ Neuengamme. Der Eintrag in der Gestapoakte lautet: „L. soll auf Antrag des Reichstreuhänders wegen erneuter Bummelei als Asozialer in Vorbeugungshaft genommen werden.“ Den Antrag auf „Schutzhaft“ begründete die Gestapo in Essen wie folgt: „Da es sich bei ihm aber fraglos um einen Menschen handelt, der für das Verwerfliche seines volksschädlichen Verhaltens voll verantwortlich zu machen ist (geistiges Unvermögen liegt nicht vor), halte ich seine Unterbringung in einem Konzentrationslager für unbedingt notwendig.“